Update - Japan – ein Eindruck aus Tokio vom 13. April 2011 und 17. März 2011 von Emi Ono und JAPAN - WARME KLEIDUNG-AVIVA-AKTION - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Women + Work



AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 18.03.2011


Update - Japan – ein Eindruck aus Tokio vom 13. April 2011 und 17. März 2011 von Emi Ono und JAPAN - WARME KLEIDUNG-AVIVA-AKTION
Sharon Adler

AVIVA-Berlin veröffentlicht an dieser Stelle einen Spendenaufruf sowie die berührende E-Mail der Lyrikerin Emi Ono. Sie schreibt Gedichte auf Deutsch und Japanisch und leitet in Tokio ein ....




... Sprachstudio für Erwachsene. Emi Ono, 1971 geboren in Tokio, kam mit 18 nach Deutschland und studierte Sprachgestaltung in der Schweiz. Seit 1998 lebt sie wieder in Tokio. Sie hält einmal im Jahr Lesungen in Berlin.

Emi Onos E-Mail vom 13. April 2011

Liebe Sharon,

Wir haben keine Ruhe, hinter dem unveränderten Alltag doch eine gewaltige Veränderung.

Ich habe vor dem ersten Regen Leitungswasser 60, 70, 80 Liter
in schnell mit Müllsäcken improvisierten Eimer gesammelt, um Schäden weniger zu machen.
Denn Mineralwasser war wenig zu kaufen, und auch wenn,
wollte ich nicht für mich kaufen, sondern für Babys und kleine Kinder lassen.

Wir haben gestern, ein Monat nach dem grossen Erdbeben
einige male starke Nachbeben gehabt.
Die Zahl und die Größe der Nachbeben
ist nachgelassen, umso größer war das gestriges Nachbeben.
Es war eine sorgvolle Überraschung für uns.
Das konnte man in den Medien sehen,
an rasche Bewegung von Moderatoren, plötzlich veränderte Fernseherprogramme.

Bei jedem grossen Nachbeben machen wir Sorgen um die Kernkraftwerke,
die wir in Japan über 50 haben.

Heute hat die Regierung Fukushima in die Kategorie 7 auf der internationale Gefahrenskala bewertet.
Endlich - aber so spät.

Im Supermärkte sind seit Wochen wieder genügend Lebensmittel da.
Zum Glück keine leere Regale mehr. Wir haben Reis, WC Papier, Brot u.s.w.
Aber die Gemüse sind verseucht, auch Milch und Fische.
Die Luft und das Wasser sind auch verseucht.
Wir sehen die nukleare Schäden nicht.
Deswegen haben wir unseren Alltag, aber mit unterschwelligen Angst.

Und das ist das Problem, dass unser Alltag in Tokio fast unverändert blieb.
und eigentliche Schäden unsichtbar sind.

Medien versprechen ohne Grund uns die Sicherheit.
Egal was passiert, sagen sie quasi, "Alles radioaktiv, aber Wirkung auf die Gesundheit."
Wir wissen dann nicht mehr, woran wir sind, womit wir kämpfen sollen.
Als ob wir sanft betäubt würden, aber dann kommt plötzlich die Nachricht,
wie z.B. Heute, dass die Gefaherenskala doch die Stufe 7 sei.
Das ist es, was hier passiert. Betäubung.


Am Sonntag ging ich in die Demo gegen Atomkraftwerke in Japan.
Demonstrieren ist nicht sehr üblich in Japan.
Medien sagten das waren 2500 Leute, nein, nein, es waren 5000 oder 6000 Menschen.

© Emi Ono


Trotzdem ist der Frühling da und bekannte Sakura (Kirschblüte) haben wunderbar geblüht.

© Emi Ono


Sehr viele Menschen gingen Kirschblüte Jagd (Hanami)
Für einen Moment die Natur genießen und die Katastrophe vergessen,
Kraft tanken.

Ich danke für viele Deutschen und andere Länder, die an Japan denken
und helfen

mit herzlichen Dank und Grüssen
und vor allem mit Hoffnung

Emi


Emi Onos E-Mail (Nachtrag) zum 13. April 2011

Jetzige Situation ist es so, soweit ich von Medien weiß,
dass die Menschen Arbeit brauchen, um ihre Lebensbasis aufzubauen.
Die Firmen sind weg, die Fabrike sind zerstört. u.s.w.
Zerstörte Häuser und Strasse müssen auch weggeräumt werden.

Und eine klare Information, wie gefährlich oder wie sicher wirklich die Situation
in Kernkraftwerke in Fukushima ist. Denn unser Aufbau ist gehemmt, durch die Angst,
unsichere Lage und allzuviele vage Informationen.


Emi Onos E-Mail vom 17. März 2011

Liebe Sharon,

ich lebe und meine vergrößerte Familie auch.

Ich war im Kaufhaus im 9. Stock, wollte mein verspätetes Mittagessen essen.
Ich bin als Japanerin kleine Beben doch gewohnt. aber diese mal war alles anders, als gewöhnliches Beben.
Alles wackelte so, als ob wir in einem kleinen Schiff in grosse Meer hineingeworfen wären. Im 9. Stock.
Wir alle sind unter dem Tisch gekrochen.

Das Licht ging aus. Uns Not Alarm und die Erklärung, dass das Gebäude erdbebensicher sei, aber Ansage war unterbrochen.
Nur ruhiges grosses Beben im Dunklen. Unheimlich war es.

Ich wollte sagen, moment mal ich bin nicht bereit...
aber keine Zeit für Sowas. Es wackelte einfach.
Es war rhythmisches ...ruhiges langsamen Schaukeln, so haben wir Hoffnung gehabt.
Bemerkenswert war es für mich, dass die Menschen nach dem Beben
an der Kasse standen und bezahlt haben, was sie gegessen haben.

Wir haben lange gewartet, um einen Panik und Zusammenstoss zu vermeiden.
Dann waren wir im Treppenhaus, als das Nachbeben kam.
Das Beben war viel kleiner als das vorige, aber ich hatte Angst.
Es waren nur alte Leute, die so lang gewartet haben.

Diese Nacht haben viele Tokioter keinen Zug gehabt,
sie sind zu Fuss nach Hause 6,7,8 Stunden gelaufen, den Weg, den sie bis dahin nie zu Fuss gelaufen sind, mit den anderen Menschen, die sie nie gekannt haben. So viele Menschen auf der Strasse, die ruhig zu Fusse gehen, habe ich nie gesehen.
Es war als ob sie auf einen Pilgerweg gehen würden, ohne es zu wissen. Alle wollten nach Hause, zu ihrer Familie.

Zuerst keinen Telefonverbindung, so wusseten wir nicht, was bei den anderen passierten.
Das ist immer noch in betroffenen Orten so. Die Ãœberlebende suchen ihren Eltern, ihren Kindern,
und finden sie nicht.

Immer wieder Nachbeben. Jedes Mal bekomme ich Angst,
ob es doch kein Nachbeben sei,
sondern erneutes Erdbeben dicht in Tokio.
Dann haben wir in Tokio die Bilder von den betroffenen Orten bekommen.
Erdbeben, Tstunami, und Feuer.
Viele unvergesseliche Bilder.

Das kleine Mädchen, noch 3 oder so, hat nach 2 Tagen endlich ihre Mutter gefunden
in Mutter Armen konnte es endlich fing es an zu weinen. Und die Mutter umarmte es
wortlos, so liebevoll.
Ein Mann rettete eine Frau, er war Suche nach seiner Frau,
aber er hat die Frau mit aller Kraft selbst gerettet.
Er machte keine Pause, sucht weiter nach seiner Frau.
Es sind viel unvergesseliche Bilder und Stimme.

Nach dem Erdbeben hatten wir in Tokio fast unseren Alltag.
Eigentlich in Tokio-Gegend war das Beben, sowieso nicht schlimm.
Nur bemerkbare Spuren hat diesmaliges Erdbeben auch in Tokioter hinterlassen,
darüber ist noch keine Rede.
Selbstverständlich, weil die Katastrophen und Not in betroffenen Orten entschieden grösser sind.

Jetzt Atomkraft in Fukushima, da leben wir in einer grossen Sorge.
Und die Menschen kaufen ihren Vorrat ein, so stehen die Regale im Supermärkte leer. Noch nie gesehenes Bild.

Ich hoffe und bete nur, dass es den allen betroffenen in Norden von Japan genug Essen und warme Decke und was sie sonst brauchen, schnell wie möglich bekommen und beim Atomkraftwerk nichts mehr passiert.

Sende bitte gute Gedanken nach Japan!

Liebe Grüsse

Emi

Emi Onos E-Mail (Nachtrag) vom 17. März 2011

Jetzt haben wir interessantes Phänomen, dass wir den Alltag fast haben,
und doch nicht haben.

Das bemerken wir jedes Mal, wenn wir im Fernseher Fotos von Norden sehen, oder Fotos von Kernkraftwerk Fukushima sehen,
oder keine Toilettenpapier mehr im Supermarkt finden,
oder bei jedem Nachbeben, das jetzt weniger geworden sind.


Weitere Infos zu Emi Ono finden Sie unter:

emi-ono.annekrueger.net
und auf Japanisch.:
keiyastudio.blog45.fc2.com

JAPAN - AVIVA-WARME-KLEIDUNG-AKTION
Bitte forsten Sie Ihre Kleidungsschränke durch - wer warme Kleidung übrig hat (da findet sich sicher etwas) maile bitte an: info@aviva-berlin.de - wir koordinieren eine Sammelaktion und brauchen bis Mitte nächster Woche alles, was warm und nützlich ist.
Danke!

Liebe LeserInnen,

seit vier Wochen organisieren wir die Kleider-Sammel-Aktion für Japan. Und: wir sind überwältigt! Derartig viele HelferInnen hätten wir nicht erwartet. Täglich erreichen uns Anrufe, Pakete, helfende Hände. Besonders zu nennen sind: Evelyn Thriene, Konstanz am Bodensee und das Team um Noa Lerner, Milk & Honey Tours, Berlin. Und noch mehr Support:

Den Versand übernimmt die GEFCO Deutschland GmbH



Die Umzugskartons wurden gesponsort von der Berliner Kartonexpress GBR



Durch unsere täglichen Bemühungen, Telefonate, E-Mails und Recherche haben wir am 10. April 2011 auch eine Lieferadresse in Japan erhalten und die gespendeten Kleidungsstücke werden in Kürze Berlin Richtung Japan verlassen.

Ihre/eure AVIVA-Berlinerinnen


Eine Anmerkung: Wir haben Wert darauf gelegt, die Authentizität zu wahren und haben daher darauf verzichtet, Korrekturen im Text vorzunehmen. Wir denken, dass man das Gefühl, die Ängste und die Stimmung von Emi Ono dennoch gut verstehen kann.

Die AVIVA-Berlinerinnen

Hilfe für Japanerinnen und Japaner/Help for Japanese people

Unter dieser Adresse finden Sie eine Initiative, die JapanerInnen, die
die Insel verlassen müssen/können, helfen will. Vornehmlich gilt diese Hilfe Schwangeren, Frauen mit Kindern, Kindern, Kranken.
love4japan.com

Den Spendenaufruf der Deutsch-Japanischen Gesellschaft finden Sie unter:
www.vdjg.de

Weitere Infos zur Situation in Japan finden Sie auf den Seiten der Japanischen Botschaft in Deutschland unter:
www.de.emb-japan.go.jp


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Beitrag vom 18.03.2011

Sharon Adler